Heimatverein Vorhelm e.V.

 

Geschichte des Ortes Vorhelm

Das Dorf Vorhelm hat eine lange Geschichte. Bodenfunde bezeugen, dass schon in der Steinzeit Menschen dieses Gebiet durchstreiften und dass bereits in der vorrömischen Eisenzeit hier Menschen ansässig waren. Der Name Vorhelm läßt sich sinnvoll deuten, wenn man nicht von der latinisierten Schreibweise Furelmi ausgeht, in der das h in der Mitte weggelassen ist: In Vorhelm kreuzten sich zwei alte Handelswege: Der „Hellweg“, der von Norden kommend hinter Vorhelm zum Galgenberg anstieg, und die „Friesenstraße“, die von Westen kommend ebenfalls hinter Vorhelm anstieg zu den Beckumer Bergen. So machten Reisende schon von frühester Zeit an die Erfahrung, daß Vorhelm der Ort war „vor dem Anstieg“. Diesen Anstieg nannte man, für Vorhelm ausdrücklich nachweisbar, „Helle“. Vorhelm war das Heim vor der Helle, das Vor-Helle-Heim. Daraus ist der Name Vorhellehem, Vorhellem und schließlich Vorhelm entstanden.

Wichtige geschichtliche Eckdaten

Ein erstes belegbares Datum ist das Jahr 864: In der dritten Lebensbeschreibung über den hl. Liudger, verfaßt unmittelbar nach diesem Jahr, wird der Name Vorhelm erstmals genannt, allerdings in der latinisierten Schreibweise „Furelmi“.


In diesem alten Text wird zum ersten Mal auch der Name eines Vorhelmers genannt: Wulfbert. Dieser hatte ein krankes, verkrüppeltes Kind namens Amulger. Der gläubige Vater sei nach Essen-Werden zum Grab des Heiligen Liudger gepilgert, um für sein Kind zu beten, und sein Kind sei geheilt worden. Wulfbert gilt als der erste Vorhelmer.

Ein zweites Datum ist das Jahr 1193. Das war kurz nach dem dritten Kreuzzug, bei dem mit dem Bischof von Münster auch viele Ritter aus dieser Gegend mitgezogen sind. Ein beliebter Schutzheiliger der Kreuzritter war der heilige Pankratius. Da liegt es auf der Hand, die Stiftung der Vorhelmer Pankratiuskirche mit diesem Kreuzzug in Verbindung zu bringen. 1193 hat der Bischof die kirchlichen Bezirke neu geordnet und offensichtlich auch die von Vorhelmer Rittern privat gestiftete Pankratiuskirche zur Pfarrkirche erhoben. Ihr wurden als „Kirchspiel“, das heißt als Pfarrgebiet, außer der Dorfbauerschaft die Bauerschaften Isendorf (jetzt Tönnishäuschen) und Eickel (jetzt Bahnhof) zugeordnet. Damit wurde nicht nur die Pfarrgemeinde, sondern zugleich auch das Dorf Vorhelm im rechtlichen Sinn errichtet. Urkundlich bestätigt wird dieser Sachverhalt allerdings erst im Jahr 1254.

Seit 1193 gehörte Vorhelm zum Archidiakonat (kirchlicher Verwaltungsbezirk) St. Mauritz (Münster) im Oberstift des Fürstbistums Münster. Im späten Mittelalter war das Fürstbistum zudem in Ämter („weltliche“ Verwaltungsbezirke) eingeteilt. Vorhelm gehörte zum Amt Wolbeck. Später wurden Archidiakonate durch Dekanate (kirchlich) und Ämter durch Kreise (politisch) abgelöst.

Gegen Ende des 14. Jahrhunderts fasste das Rittergeschlecht Torck Fuß in Vorhelm. Sie errichteten den ältesten Teil des Hauses Vorhelm, erwarben bzw. erbten von den Grafen von der Mark und von den Geschlechtern de Beyer und Volenspit in Vorhelm und Umgebung viele Grundstücke und Höfe, die ihnen Jahrhunderte lang abgabenpflichtig blieben.

1487 stiftete Torck die Vikarie St. Anna zu Vorhelm.

1498 wurde erstmals eine Antoniuskapelle an der alten Straßenkreuzung erwähnt, ein „Tönnishäuschen“, das später zum Namensgeber der Bauerschaft Isendorf wurde. 1522 wurde die Kapelle neu errichtet und 1752 entstand der Neubau an der jetzigen Stelle.

Gegen Ende des 16. Jahrhunderts wütete im Münsterland der Spanisch-Niederländische Krieg. Wiederholt brach auch die Pest aus. Wie weit Vorhelm davon betroffen war, ist kaum zu erfahren.

Im Dreißigjährigen Krieg (1618-48) hatte Vorhelm vor allem in den Dreißigerjahren unter Plünderungen und Brandschatzungen zu leiden. 1632 wurde die Kirche von durchziehenden Truppen in Brand gesetzt. Mehrere Häuser brannten mit ab. Zeitweise war die gesamte Bevölkerung des Dorfes geflüchtet. Durch die erpreßten hohen Kontributionen war das Dorf noch viele Jahrzehnte stark verschuldet.

1628 wurde in Vorhelm das erste urkundlich erwähnte Schützenfest durchgeführt.

Herren auf Haus Vorhelm wurden ab 1673 von Westerholt, ab 1693 von Reede, ab 1734 Droste zu Vischering und ab 1974 von Schall-Riaucour.

Auch im Siebenjährigen Krieg (1756-63) wurden viele Höfe geplündert und gebrandschatzt.

1803 nach Auflösung des Fürstbistums Münster kam Vorhelm zunächst an Preußen. Der preußische General Blücher war schon ein Jahr vorher in Münster einmarschiert. Seine Truppen sollen auch in Vorhelm im Vogelfeld gelagert und Schießübungen durchgeführt haben.

1807 kam das preußische Erbfürstentum Münster und somit auch Vorhelm unter französische Herrschaft und kam 1808 zum Großherzogtum Berg. Vorhelm gehörte zum Arrondissement Hamm im Ruhrdepartement.

1809 Nach dem Sieg Napoleons über Preußen schuf dessen Neffe das "Königreich Westfalen" unter französischer Verwaltung. Gründung der 'Mairie Vorhelm' durch französische Besatzungstruppen. Die 'Mairie' umfaßt die Gemeinden Vorhelm und Enniger und hat insgesamt 1.000 Einwohner. Sie wird vom Maire (Bürgermeister) Johann Heinrich Brüning und einem Munizipalrat geleitet.

1815 Durch Beschluß des "Wiener Kongresses" entsteht der Regierungsbezirk Münster, wodurch Vorhelm erneut eine preußische Gemeinde wird.

1832 wurde Brüning zusätzlich die Bürgermeisterei Sendenhorst übertragen. 1840 folgte Sohn Franz Brüning. 1841 entstanden aus den Bürgermeistereien Amtsbezirke, geleitet von einem Amtmann. So auch das Amt Vorhelm. Die zugehörigen Gemeinden (Sendenhorst, Enniger und Vorhelm) wurden von einem Vorsteher und Gemeindeverordneten geführt. Sendenhorst stieg 1851 aus dem Amt Vorhelm aus. Franz Brüning war 1840-95 im Amt. Unter seiner Führung wurde vor allem das Straßennetz ausgebaut.

Nach Franz Brüning folgte dessen Sohn Reinhold, schon bald danach Franz Cramer, der aber 1896 am Tag seiner geplanten Einführung starb. 1898 folgte Amtmann Devens. Unter ihm wurde das Amtshaus in Tönnishäuschen gebaut und 1901 bezogen. Als weitere Amtmänner folgten Hueske (1906-12), Eickenscheidt (1912-16), Alberty (1916-25), Weber (1925-37), Lilienbecker (1937-45), Weber (1945-54).

Gemeindevorsteher waren in Vorhelm ab 1843 Theodor Hellmann, ab 1850 Ferdinand Bisping, ab 1863 Philipp Rieping-Ketteler, ab 1869 Theodor Wibbelt, ab 1886 Franz Rieping-Ketteler, ab 1891 Hugo Schulze-Rieping, ab 1896 Bernhard Wibbelt, ab 1924 Franz Dahmen, ab 1933 Wilhelm Dreymann, ab 1934 Josef Schwerbrock, ab 1945 Hugo Averberg, ab 1948 Theodor Bendix, ab 1950 Heinrich Rohde-Hüntelmann, ab 1952 August Eustermann, ab 1953 Theodor Bendix. Es folgten noch Alois Thiemann, Hannes Truelsen und Heiner Brinkpeter.

1830 wird ein Pumpenhaus urkundlich erwähnt, ein Hinweis auf eine eigene Feuerwehr des Dorfes Vorhelm.

1862 Geburtsjahr von Augustin Wibbelt. Berühmter westfälischer Heimatdichter. Der Priester Dr.Augustin Wibbelt lebte lange Jahre in Vorhelm, wo er 1947 starb und begraben wurde.

1870-1893 In Vorhelm wird im Tagebau das Mineral Strontianit (=Strontiumkarbonat) abgebaut. Es dient bei der Herstellung von Zucker zur Restentzuckerung der Melasse, eignet sich aber auch zur Produktion von Leuchtspurmunition. Da im Raum Vorhelm das weltweit einzige ergiebige und abbauwürdige Vorkommen von Strontianit bestand, erlebte das Dorf eine regelrechte "Goldgräberzeit", die 1893 jedoch schnell beendet war, nachdem man Strontianit durch Coelestin (=Strontiumsulfat) ersetzen konnte - ein Produkt, das in England und Sizilien billiger hergestellt wurde.

1893 Einweihung der neuen St.Pankratius - Pfarrkirche, deren Bau 1891 nach den Plänen von Hilger Hertel begonnen worden war.

1939 Vorhelm hat 1.710 Einwohner.

1946 Vorhelm wächst durch Zuzug vorwiegend schlesischer Kriegsflüchtlinge und -Vertriebene auf 2.400 Einwohner.

1954 Vorhelm feiert mit einem großen Umzug sein 700-jähriges Bestehen. Hinweise auf die Wulfbertgeschichte, die beweisen, dass der Ort mindestens 50 Jahre älter ist, sind zu diesem Zeitpunkt noch nicht bekannt.

1968 Elektrifizierung der Bahnstrecke Köln-Berlin, die an Vorhelm vorbei führt.

1975 Vorhelm mit nunmehr 4.250 Einwohnern wird zum 1. Januar durch die kommunale Neugliederung ein Ortsteil von Ahlen. Die Fläche Ahlens steigt damit um 25 Prozent an.

1989 Der Bahnhof Vorhelm wird nach 101 Jahren von der Deutschen Bahn wegrationalisiert. Vorhelm, speziell der Ortsteil "Bahnhof" hat damit keine Zuganbindung mehr.

1993-99 Durch Erschließung neuer Baugebiete erfährt Vorhelm ein weiteres Bevölkerungswachstum.

2001 In den Abendstunden des 3.Mai fällt mehrere Stunden lang ein Niederschlag von bis zu 140 Liter pro qm auf Ahlen und Vorhelm. Im Ortsteil Bahnhof steigt das Wasser aus den Kanälen und überflutet mehrere Straßen.

2004 Der Vorhelmer Pastor Hermann Honermann findet in alten Schriften Hinweise auf die Wulfbert -Geschichte und beweist damit, dass Vorhelm erheblich älter als die bis dato angenommenen 750 Jahre alt ist. In einem großen Volksfest wird daher "Vorhelm - 800 Jahre und mehr ... " gefeiert.

2007 Mit dem Zementwerk "Bosenberg", im Jahr 2006 von Heidelberg Zement übernommen, schließt der größte Arbeitgeber in Vorhelm. Über 70 Arbeitsplätze fallen weg. Die Schließung wird von den Anwohnern auch positiv gesehen: Der unerträgliche Lärm in ihrem Wohngebiet hat aufgehört. Als aus der Industriebrache eine Biogasanlage mit Getreidespeicher gemacht werden soll, wehren sich die Anwohner weil sie eine Neuauflage des Verkehrsaufkommens und damit des Lärms fürchten.

2012 Durch den Kauf der historischen Mühle Krumtünger wird der Heimatverein Vorhelm auch Eigentümer des markanten Domizils, das er bereits seit 1986 mit viel Engagement und in Eigenarbeit saniert und erhalten hat.

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